FH-Studenten bringen Lösungsideen in Unternehmen
Zur Nachahmung empfohlen: Firma Selter findet über Technologiescout Andreas Becker den Kontakt zur Fachhochschule Südwestfalen
Welchen Effekt ein eher zufälliges Treffen am Rande einer Automatisierungs-Veranstaltung haben kann, zeigt sich am Beispiel der Gustav Selter GmbH & Co. KG in Altena. Denn in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Südwestfalen / Standort Soest ist das Unternehmen, das unter dem Markennamen addi auf die Produktion von Strick- und Häkelnadeln spezialisiert ist, in diesem Jahr gleich bei drei Produktverbesserungen ein gehöriges Stück weitergekommen.
Angefangen habe alles mit einer ganz informellen Plauderei, erzählt Geschäftsführer Torsten Schneider. Beim Get-Together im Rahmen einer GWS-Veranstaltung sei er mit Andreas Becker, dem Technologiescout des Transferverbunds Südwestfalen, näher ins Gespräch gekommen. „Ihr sucht doch auch immer gute Ideen“, habe dieser gesagt und gefragt, ob es nicht Projekte gebe, für die eine Kooperation mit einer Hochschule sinnvoll sein könnte. Getreu dem Motto „Wenn schon, dann richtig“ holte die Firma Gustav Selter gleich mehrere Projekte aus der Schublade.
Andreas Becker trug die Fragestellungen an die Fachhochschule Südwestfalen und brachte schließlich das Altenaer Unternehmen mit Prof. Jens Bechthold vom Fachbereich Maschinenbau und Automatisierungstechnik am Standort Soest zusammen – und die Dinge nahmen ihren Lauf. Herausgekommen sind eine Masterarbeit, die von Februar bis Juli in enger Zusammenarbeit zwischen dem Studenten und der Firma realisiert wurde, sowie zwei Kurse, die sich im vergangenen Sommersemester mit Lösungsideen für die Firma Selter beschäftigt haben. Für das Unternehmen war es die erste derartige Zusammenarbeit mit den Technologiescouts und einer Hochschule, aber es deshalb erst einmal vielleicht nur mit einem Projekt auszuprobieren, hielten die Beteiligten nicht für sinnvoll: „Die Themen lagen bei uns schon länger auf der Agenda und wir hatten ein gutes Gefühl bei der Sache“, sagt Schneider. Das Ergebnis gibt ihm Recht.
Aus Kapazitätsgründen hätten alle drei Projekte innerhalb des Unternehmens gar nicht in der kurzen Zeit realisiert werden können. Außerdem habe der Blick von außen mitunter Vorteile: „Die sind offen und nicht betriebsblind“, sagt Schneider über die Studierenden, und hätten auch mal quergedacht. Nach der Präsentation der Ergebnisse liegt es jetzt bei der Firma Selter, aus den vorgestellten Ideen und Lösungsansätzen das für sich richtige herauszufiltern.
Bei dem ersten Projekt sollten einige technische Probleme bei der Handfilzmaschine addiQuick behoben werden, die dazu geführt haben, dass das Produkt vorübergehend aus dem Programm genommen wurde. „Der Markt für solche Produkte ist aber da“, sagt Schneider. Die Idee, dieses Problem im Rahmen einer Masterarbeit anzugehen, sei von Prof. Bechthold gekommen. Über fünf Monate habe der Masterand im engen Kontakt mit dem Unternehmen die wesentlichen technischen Mängel der alten Maschine bearbeitet und neue konstruktionstechnische Vorschläge gemacht. Zum Abschluss habe er seine Ergebnisse im Unternehmen präsentiert, quasi als Generalprobe für sein Colloquium. Ein Modell, im 3D-Druck erstellt, liege ebenfalls vor. Als nächstes liege es bei Selter, einen Prototypen für einen Praxistest erstellen zu lassen.
Für die beiden anderen Fragestellungen habe es sich angeboten, die sogenannte Schwarmintelligenz kompletter Kurse zu nutzen. Dort wurden dann in mehreren Teams Ideen entwickelt, die zum Ende des Semesters präsentiert wurden. Ein Kurs von Prof. Bechthold hat sich damit beschäftigt, wie das Stricknadelsystem addiClick, das eine flexible Nutzung von Nadelspitzen unterschiedlicher Durchmesser mit Seilen verschiedener Länge ermöglicht, auch für kleinere Nadeldurchmesser unter 3,5 Millimetern erweitert werden kann. Das sei mit den bisher genutzten Verbindungen nicht möglich. Sieben Gruppen haben zum Ende des Sommersemesters ihre gemeinsam erarbeiteten Ideen präsentiert. Zwei davon werden nun im Unternehmen und in Abstimmung mit den Lieferanten weiterentwickelt.
Gleich 13 Gruppen haben sich in einem Kurs von Prof. Marjolein de Wilde vom Fachbereich Designmanagement und Industriedesign mit der Überarbeitung von Verpackungen beschäftigt. Technisch seien die zwar weitestgehend gut, so erklärt Schneider, aber im Sinne von Nachhaltigkeit und Ökologie gebe es durchaus Verbesserungspotenzial nach oben. Auch dabei sind einige Vorschläge herausgekommen, die nun im Unternehmen weiterentwickelt werden können.
Leicht erschwert worden sei die Zusammenarbeit, weil die Kurse pandemiebedingt vor allem digital stattfanden. Aber die Studierenden wurden eingeladen, das Unternehmen im Nachhinein zu besuchen und kennenzulernen. Für Firma Selter sind solche Kontakte nicht nur wichtig, um Produktideen weiterzuentwickeln, sondern auch um bei den möglichen Fachkräften für die Unternehmen in der Region zu werben.

„addi“-Geschäftsführer Torsten Schneider
Foto: Gustav Selter GmbH & Co. KG
Ansprechpartnerin:
Transferverbund Südwesfalen
Herr Andreas Becker
Telefon: 02352 9272-19
E-Mail: becker@transferverbund-sw.de